38 Einzelgebiete.
Schon am Beginn der deutschen Geschichte, in der ersten Zeit der Römer-
kämpse, treten deutsche Stämme als Herrn der nordischen Meere auf, und man
staunt über die Kühnheit, mit der sich die Brukterer, Chauken und Bataver
in unvollkommenen Fahrzeugen den weit überlegenen römischen Flotten entgegen-
stellten.
Infolge der Völkerwanderung beherrschten die germanischen Stämme nicht
bloß den größten Teil des europäischen Kontinents, sondern auch die europäischen
Meere. Angeln und Sachsen eroberten England und gründeten dort neue König-
reiche, die Vandalen nahmen Nordafrika in Besitz, schlugen die römischen Flotten
und waren die unbestrittenen Herrn des westlichen Mittelmeers, das damals nach
ihnen den Namen „Wendelsee" erhielt. In den Zeiten Karls des Großen litten die
fränkischen Küstenlande furchtbar unter den steten Einfällen der nordgermanischen
Seevölker, besonders der Normannen oder Wikinger (Wik — Bucht), denen
gegenüber selbst der mächtigste Kaiser des Mittelalters ohnmächtig war. Um das
Jahr 1000 entdeckten diese kühnen Seefahrer über Island und Grönland hin ohne
Führung der Magnetnadel die Neue Welt, die sie Winland hießen, und bald darauf
nahmen sie Sizilien und Unteritalien ein und waren als Hilfstruppen der Päpste
gefährliche Gegner der deutschen Kaisermacht.'
Aus vereinzelten genossenschaftlichen Unternehmungen der deutscheu Städte
erwuchs in dieser Zeit allmählich die Hansa, die sich bald zur Beherrscherin der nor-
dischen Meere aufschwang und ihre Quartiere im Stahlhof zu London, in Bergen,
in Wisby auf Gotland und in Nowgorod am Jlmenfee hatte. England stand wirt-
schaftlich in Abhängigkeit von der Hanse und empfing von ihr das Münzsystem, dessen
Namen (Sterling von Osterlinge, dem Namen der Hansen in England, Schilling und
Penny) noch heute den deutschen Ursprung verraten. Bitter genug empfanden auch
die Könige von Dänemark und Schweden die Vorherrschaft der deutschen Hanse in
den nordischen Staaten.
An den großen Entdeckungen am Beginn der Neuzeit beteiligten sich nament-
lich die Welser aus Augsburg, die in drei Expeditionen Venezuela eroberten, aber
bei dem Mangel jeder Unterstützung durch das Reich die Kolonie nicht zu halten
vermochten. Der Lothringer Gelehrte Waldseemüller entwarf die ersten Karten
von Amerika und gab dem Land den Namen, und Merkators Projektionsmethode
wurde maßgebend für die Herstellung von Seekarten. (S. S. 107.)
In den konfessionellen Wirren des 16. Jahrhunderts und in den Kriegsläusten
des 17. und 18. Jahrhunderts verlor Deutschland seine Seegeltung; der schwerste
Verlust knüpft sich an das Ausscheiden Hollands aus dem Reiche 16-18. Vereinzelt
steht das Kolonialunternehmen des Großen Kurfürsten an der afrikanischen Gold-
küste, schon sein Nachfolger ließ das Projekt wieder fallen.
Erst mit der Wiederaufrichtung des Reiches 1871, dem Aufblühen der hei-
mischen Industrie, der zunehmenden Auswanderung und dem Anwachsen des deut-
schen Außenhandels gewann Deutschland rasch wieder Seegeltung, und diese führte
bald zur Erwerbung von Schutzgebieten, zu einem ungeahnten Aufschwung der
deutschen Schiffbautechnik und zur heutigen Entwicklung des deutschen Seehandels
und Seeverkehrs.
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel]]
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Extrahierte Personennamen: Karls Sterling_von_Osterlinge Merkators_Projektionsmethode
Extrahierte Ortsnamen: Sachsen England Nordafrika Island Sizilien Unteritalien London Bergen Gotland Nowgorod Jlmenfee England England Schweden Augsburg Venezuela Amerika Deutschland Hollands Deutschland
— 132 —
der Weser bis zum Rhein und zur Nordsee. Dazu gehört gauz Westfalen
ohne das Paderborner Land und das Land zwischen Ruhr und Lippe.
Hier wohnten vor den Germanen die Kelten. Da nun die Germanen sich
gewöhnlich in geschlossenen, unregelmäßig gebauten Dörfern ansiedelten, die
man Haufendörfer nennt, so glaubt man, daß unsre Vorfahren in unfrer
Gegend die Siedelnngsweise der Kelten angenommen hätten. Noch heute
liegen die Gehöfte zerstreut, gewundene Feldwege und Fußpfade führen
von einem Hof zum andern oder auf den Gemeiudeweg. Rings um deu
Hof liegen die Acker und Wiesen, die von Gräben durchzogen und von
Hecken umgeben sind. So wohnt der Bauer uoch jetzt wie eiu König auf
seiner eigenen Scholle.
Von den Sachsen und ihrem Herzog Wittekind.
Sechs Jahrhunderte gingen hin. Die Völkerwanderung war vor-
über. Da wohnte in nnsrer Gegend der Stamm der Sachseu. Zu ihm
gehörten auch die Nachkommen der alten Cherusker. Im 8. Jahrhundert
kamen die Franken in das Sachsenland. Ihren Heeren folgten die
christlichen Priester, die das Christentum den heidnischen Sachsen brachten.
Schon früher waren christliche Sendboten nach Westfalen gekommen.
Aber die Sachsen hielten lange und zäh fest an dem alten Glauben ihrer
Väter. Dreißig Jahre und mehr kämpften sie gegen den gewaltigen
Frankenherrscher, gegen Karl den Großen.
In diesen Kämpfen war der Sachsenherzog Wittekind die Seele des
Widerstandes. Er ist der volkstümlichste Held ganz Nordwestdeutschlauds ge-
worden. Viele Sagen knüpfen sich an seine Person, und in Enger, wo
sein Grabmal in der Kirche vorhanden ist, wird sein Gedächtnis noch heute
gefeiert. Karl der Große benutzte auf seinen Heerzügen meist die Straßen
und Pässe, die schon die Römer gezogen waren. So kamen die Franken
auch in unsre Gegend. Droben aus den Bergeshöhen des Teutoburger
Waldes aber hatten die Sachsen zu den beiden altgermanischen Burgen
noch eine ganze Reihe neuer errichtet. Von dort aus spähten sie scharfen
Auges ius heutige Münsterland hinein, um gerüstet dem Feiude die Stirne
zu bieten. Zwei Stunden von Bielefeld, in der Richtung nach Detmold,
liegt Oerlinghausen. Oberhalb des freundlichen Städtchens erhebt sich
der Tönsberg. Auf ihm finden wir die Reste eines alten Sachsenlagers.
Hier an den Abhängen des Teutoburger Waldes tobte die gewaltige Schlacht
gegeu Karl deu Großen. Auch anf den Höhen des Wesergebirges lagen
feste Sachsenburgen, wie z. B. die Babilonie bei Lübbecke, die Nammer
Burg in der Nähe von Hausberge und die Wittekindsburg an der Porta.
Am Süntel, in der Gegend von Nammen, wurde Karls Heer durch Überfall
vernichtet, und auch die großen Feldschlachten, in denen die Sachsen
endgültig besiegt wurden, fanden in diesen Gegenden statt. Wittekind
ließ sich taufen.
Die Franken im Sachsenlande.
Karl der Große führte viele Sachsen nach dem heutigen Belgieu
fort und siedelte in unsern Gegenden Franken auf ausgesouderteu Ge-
bieten an. Die den Franken zugewiesenen Gebiete hießen Sundern. Da
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Wittekind Karl_der_Große Karl Karl_deu_Großen Karl Karls Karl_der_Große Karl
— 133 —
nun der Name der Franken bei uns im Meier zu Frankenfeld am Olbach
uoch fortlebt, wird die in der Nähe liegende Bauerschaft Sundern auch
wohl eine Frankensiedelnug gewesen sein. Karl der Große machte auch
der Leichenverbrennung ein Ende. Seit jener Zeit haben wir bei uns
keine rein germanische Bevölkerung mit blondem Haar, weißer Haut und
blauen Augen mehr. Heutzutage sind bei uns im Kreise Wiedenbrück
und auch in Minden und Ravensberg von 100 Personen nur 42 blau-
äugig, bloudhaarig und weißhäutig.
Bilder: Germanisches Gehöft.
Anschlußstoffe: Fritz Lienhard: Widnkind. Sagen von Wittekind.
Hanspeter: Wittekind verspricht, Christ zu werden. S. 281. Albion und
Wittekind. S. 283. Wittekind zu Enger. S. 283. Kuhn: Wittekiud in
der Babilonie. S. 284.
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Extrahierte Personennamen: Frankenfeld Karl_der_Große Karl Fritz_Lienhard Hanspeter Kuhn
erkennen daraus, daß die Menschen damals ihre Toten verbrannten. Bei
Gütersloh und bei Jsselhorst hat man früher Urnen gefunden. Heute gibt
es am Fuße der Hünenburg noch Hünengräber. Die ältesten Urnen sollen
schon 300 bis 500 Jahre vor Christi Geburt beigesetzt sein. Man glaubt,
daß sie von den Kelten, die vor den Germanen, nnsern Vorfahren, in
unsrer Gegend wohnten, stammen.
Die Germanen kamen als Hirten in unser Land.
Als Jesus Christus geboren wurde, da wohnten schon nnsre Vor-
fahren hier. Sie waren aus dem Norden und Osten von den Gestaden
der Ostsee gekommen. In den frühesten Zeiten kannten sie den Ackerbau
noch nicht. Sie waren Viehzüchter oder Hirten. Mit ihren Herden
zogen sie von Weide zu Weide. Familienweise kamen sie ins Land ge-
zogen. Immer neue Familienverbände oder Sippen folgten. Auf ur-
alten Heerwegen waren sie von der Ostsee durch die Westfälische Pforte
und den Bielefelder Paß in unsre Gegend gekommen. Von Bielefeld aus
führte ein alter Heerweg durch uuser Gütersloh bis an den Rhein. Als
man im Jahre 1819 die Bielefelder Straße baute, fand man bei Schiede-
brück, da, wo die Brücke über den Olbach führt, eine bronzene Lanzen-
spitze. Sie wird im Bielefelder Museum aufbewahrt.
Von den Cheruskern, Brnkterern und altgermanischen Burgen.
Wo heute Bielefeld, Paderborn und Herford liegen, da wohnte ein
germanischer Stamm, der hieß die Cherusker. Ihren heldenhaften Führer
Armin, deu Befreier Deutschlands vom römischen Joch, kennt ihr alle.
Bis zum Harz erstreckte sich das Land des tapfern Volkes. In unsrer
Gegend wohnten die Brnkterer. Oben auf der Hünenburg, auf der wir
heute den Dreikaiserturm erblicken, war eine alte germanische Burg aus
Steinblöcken errichtet, in der die Frauen und Kinder und das Vieh Schutz
suchten, wenn feindlicher Überfall drohte. Auch die Grotenbnrg bei
Detmold, auf der jetzt das Hermannsdenkmal steht, war eine altgermanische
Befestigung. Die mächtigen Hünenringe zeugen noch davon.
Die Römer im Lande.
Dann kamen die Römer in unser Land. Von dem heutigen Tanten
am Rhein aus zogeu sie über Haltern an der Lippe nach dem Teutoburger
Walde und weiter zur Weser. Da sind auch durch unsre Gegend die schwer-
gepanzerten, eisenbewehrten Legionen der Römer gezogen. Mit ihrem
Feldherrn Varus fanden sie in den Wäldern am Teutoburger Walde
ihren Tod. Germauiens Söhne vernichteten das stolze Heer des welt-
beherrschenden Roms.
Die Kelten übermittelten den Germanen ihre Kultur.
Als das Volk wuchs und die Weideplätze knapp wurden, da siedelten
sich die Germanen an und trieben Ackerbau. Seit jenen alten Zeiten
wohnen in unsrer Gegend die Bauern einzeln auf ihren Höfen. Diese
Einzelhöfe findet man nur im nordwestlichen Deutschland, d. h. westlich
9*
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Extrahierte Personennamen: Christi Jesus_Christus Armin Varus Germauiens_Söhne
133
7. Bevölkerung.
Unser Reich gehört trotz der sehr bedeutenden Auswanderung (1820—92:
5,6 Mill.) zu den dichtbevölkerten Staaten. Wie in anderen Ländern, so
ist auch hier die Bevölkerung ungleich verteilt; am dichtesten bewohnt sind
die gewerblichsten Gegenden, so das Königreich Sachsen und die Rhein-
Provinz. Hier zählt der Regierungsbezirk Düsseldorf 400 E. auf 1 qkm;
im Regierungsbezirk Lüneburg dagegen kommen auf 1 qkm nur 30 E.
Vgl. die Übersichten S. 153 ff.
a) Der Abstammung nach bildet die Bevölkerung unseres Reiches den be-
deuteudsteu Zweig der germanischen Völkerfamilie, die anch die Engländer,
die Holländer, die Flamingen im Königreich Belgien die Dänen, Norweger und
Schweden, sowie fast ein Viertel der Bevölkerung Österreich-Ungarns umfaßt.
Etwa 48 Mill., d. s. 92°/0, unseres Volkes, sind Deutsche; im Osten des
Reiches finden sich rund 3v4 Mill. Slawen, zumeist Polen (2.3 Mill.);
130000 Wenden leben in den Lausitzen, 105000 Masnren und 120000 Litauer
in Ostpreußen. In Elsaß-Lothringen wohnen gegen 200000 Franzosen, im
Norden von Schleswig 140000 Dänen.
Von den alten Stämmen unseres Volkes haben sich bis heute erhalten:
Friesen,Sachsen, Hessen, Thüringer, Franken, Alamannen, Schwaben,
Bayern. Sie haben ihre Wohnsitze größtenteils seit der Völkerwanderung inne.
Das größte Gebiet besaßen die Sachsen, im Tieflande vom Harz bis zur
Nordsee, vom Rhein bis zur Elbe, und die Franken, am Mittel- und
Niederrhein und Main. Den nordwestlichsten Teil unseres Tieflandes
mit den Inseln davor bewohnen die Friesen. Im Gebiete der Fulda und
Lahn sitzen die Hessen. Die Thüringer herrschten zwischen Harz und
Donau, mußten aber schon frühzeitig im N.sd. vor den Sachsen bis zur Saale,
im S. vor den Franken bis zum Thüringer Walde — Rennstieg! — zurück-
weichen. Die Alamannen besiedelten die Ostseite des Wasgeuwaldes, die
oberrheinische Tiefebene, den Schwarzwald und die N.w.-Schweiz;
ö. bis zum Lech wohnen die ihnen verwandten Schwaben, ö. von diesen,
zwischen Donan und Alpen, die Bayern. — Große von Deutscheu bewohnte
Gebiete sind uns zur Zeit des alten Reiches verloren gegangen; so die Nieder-
lande, Belgien, die Schweiz, der S.-Abhang der Mittel-Alpen. Dagegen haben
Ansiedler ans allen deutschen Stämmen, zumeist aber aus dem sächsischen, im O. die
Slawen unaufhaltsam von der Elbe verdrängt und bedeutend an Boden gewonnen.
d) Mit der Verteilung der Stämme hängt anfs engste zusammen die der
Mundarten. Man unterscheidet folgende:
1. Nieder- oder Plattdeutsche (im N.), mit dem westfälischen Dialekt
vom Rhein bis znr Weser, und dem niedersächsischen in der Tiefebene von
der Weser bis über die Weichsel hinaus. Letzterer hat den friesischen an der
Nordseeküste bis aus geringe Reste aufgesogen oder verdrängt. 2. Oberdeutsche,
unterschieden in folgende Mundarten: die schwäbische oder alamannische,
zwischen den Alpen, den Vogesen und dem Lech n. über Straßburg und
Stuttgart hinaus; die bayerische, im ganzen Donaugebiete; die fränkische,
r. und l. vom Main. 3. Im mittleren Deutschland bis nach Schlesien hin
herrschen die mitteldeutschen Mundarten: die rheinfränkische, die hessische,
thüringische und obersächsische, sämtlich Übergänge vom Oberdeutscheu zum
Niederdeutschem Die Grenze zwischen den niederdeutschen und den mitteldeutschen
Mundarten wird bezeichnet durch die Linie Aachen, Köln, Cassel, Duderstadt,
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien]]
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Staatenkunde.
137
Wie heißen die Donau-, Rhein-, Elb- und Odersestuugen? Nenne die Havel-
festung! 3. Die Reichsfinanzen, d. h. die Ausgaben und Einnahmen des
Reiches*). Von ersteren sind die für Heer und Flotte die bedeutendsten;
letztere bestehen aus den Erträgen von Zöllen und Verbrauchssteuern, Post- und
Telegraphenwesen n. a. und aus den Matrikularbeiträgen, d. h. Beiträgen
der einzelnen Bundesstaaten nach Maßgabe ihrer Bevölkerung. 4. Das Post-
und Telegraphenwesen außer in Bayern und Württemberg. ■— Auch auf
Handel, Eisenbahnen, Rechtspflege (Reichsgericht in Leipzigs, Gesundheits-
wesen und andere Zweige der Verwaltung hat das Reich Einfluß, doch sind sie
im wesentlichen den Einzelstaaten überlassen.
Das Wappen des Deutschen Reiches ist ein einköpfiger schwarzer Adler
mit rotem Schnabel und roten Füßen. . Ans der Brust trügt er in einem
silbernen Schild den preußischen Adler. Über dem Haupte des Reichsadlers
schwebt die Kaiserkrone mit goldenen Bändern. Die Flagge der deutschen
Marine ist schwarz-weiß-rot.
10. Staatenkunde.
Die Zersplitterung des Deutschen Reiches in eine große Zahl einzelner
Staaten hat ihren Grund zum Teil in der mannigfaltigen Gestaltung seiner
Oberfläche und entspricht im allgemeinen den Bodenverhältnissen. Doch zeigt
sich auch hier, daß der Mensch nicht Sklave, sondern Herr der Natur ist, und
daß der menschliche Wille einen unverkennbaren Einfluß auf die politischen Ver-
Hältnisse eines Landes ausübt. An einigen Stellen fallen die wandelbaren po-
litischen Grenzen mit den natürlichen zusammen, während sie anderwärts den
räumlichen Zusammenhang geographisch einheitlicher Gebiete durchbrechen.
Nach ihrer geographischen Lage teilt man die Staaten des Deutschen
Reiches ein in süddeutsche, die s. vom Main liegen, und in norddeutsche,
die n. von diesem Flnß gelegen sind.
A. süddeutschland.
Die Länder s. von der Mainlinie haben mancherlei staatliche Veränderungen
durchgemacht. Ungefähr am Anfang unserer Zeitrechnung hatten die Römer ihre
Herrschaft von S. her bis gegen die Donan, von W. her bis an den Rhein
vorgeschoben. Das linksrheinische Gebiet bildete die römische Provinz Ober-
germanien, die Länder s. von der Donau die römische Provinz Vindelizien,
und das Dreieck zwischen Donau und Rhein war von den Eroberern zum Schutz
ihrer Grenzen als Zehntland römischen Unterthanen überwiesen. Während
ihrer mehrhundertjährigen Herrschaft legten die Römer Heerstraßen an, gründeten
Städte und führten den Weinbau ein. In der Völkerwanderung nahmen deutsche
Volksstämme von den römischen Provinzen Besitz. Als das Frankenreich 843
zerfiel, bildeten sich durch festen politischen Zusammenschluß der eingewanderten
germanischen Völker die Stammesherzogtümer Bayern, Schwaben und
Franken; auch Elsaß und Lothringen wurden Teile des ostfränkischen,
d. i. des deutschen, Reiches. Seit dem 16. Jahrhundert entrissen uns die
*) Die Zusammenstellung der voraussichtlichen Ausgaben und Einnahmen eines
Gememwesens nennt man „Budget", d. i. Haushalt; das des Deutschen Reiches wird
vom Bundesrate aufgestellt und vom Reichstage geprüft. Die Einzelstaaten haben
außerdem ihre besonderen Budgets.
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Wahrzeichen unsrer Stadt. Er grüßt zu der Alten Brücke herunter,
als wolle er sagen: „Ja, wir beide, du da unten und ich hier
oben, wir haben viel zusammen erlebt. Und wenn ich auch noch
älter bin als du, so waren wir doch immer treue Kaineraden. Das
wollen wir auch bleiben, so lange wir noch als Wahrzeichen der
alten Mainstadt hier stehen!"
38. Karl der Große
und die Gründung Frankfurts.
Cvn der Mitte der Alten Brücke steht das Denkmal Karls des
Großen. Der Kaiser zeigt sich uns in seinem vollen, kaiserlichen
Schmucke. Auf dein Haupte trägt er eine Krone, die ein Kreuzlein
ziert. Es soll andeuten, daß er ein christlicher
Kaiser war. Von der Schulter wallt ihm der lauge
Kaisermantel. Das kürzere Gewand darunter scheint
reich verziert gewesen zu sein. Ein breiter Gürtel
umschließt es. In der rechten Hand hält er ein
mächtiges Schwert. In seiner Linken ruht ein
Apfel, auf dem ebenfalls ein Kreuzlein steht. Es
ist der Reichsapfel. Er deutet an, daß Karl Kaiser
über das große deutsche Reich war.
Schaut man in sein männlich Antlitz mit den
weithin blickenden Augen, dem mächtigen Vollbart,
den lang herabwallenden Haaren, so kann
man sich wohl denken, daß er ein kluger
und gewaltiger Kaiser gewesen sein muß.
Mit Recht hat man ihm daher den Namen
„der Große" gegeben.
2. Zuerst war er nur König der
Franken. Die Franken waren ein großes,
tapferes Volk. Sie wohnten an den Ufern
des Rheins und des Mains, schon ehe
Karl ihr König war. Unsre Gegend gehörte auch zu dem Franken-
reich. Die Franken waren also unsre Vorsahren. Damals sührte
noch keine Brücke über den Main. Boote und Schiffe waren auch
recht selten. So war der Verkehr über den Fluß sast unmöglich.
Glücklicherweise aber gab es im Main eine ganz seichte Stelle, durch
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Extrahierte Personennamen: Karl_der_Große Karl Karls Karl_Kaiser Karl Karl_ihr_König Karl
Extrahierte Ortsnamen: Frankfurts Rheins Mains Main Main
die man bei niedrigem Wasserstand bequem gehen konnte. Man
nannte einen solchen Flußdurchgang Furt. Sie befand sich in der
Nähe des Fahrtors. Diese Furt nannte man nach dem Volke, das
hier wohnte, Frankenfurt. Den Namen sührte der Ort schon,
bevor Karl der Große König der Franken war.
3. Durch viele siegreiche Kriege hatte Karl sein Land bedeutend
vergrößert. Es war das größte christliche Reich der damaligen Zeit.
Darum krönte ihn der Papst zum Kaiser. Die Krönung geschah
zwar nicht in Frankfurt, wo später so viele deutsche Kaiser gewählt
und gekrönt wurden. Dazu war der Ort in der damaligen Zeit
zu klein und unbedeutend. Aber ost hat Karl hier geweilt. In der
Nähe der Furt, am Main stand sein Palast. Manchmal beries er
die Fürsten seines Reiches dorthin und hielt große Versammlungen
mit ihnen ab. Gern pflegte er auch das edle Weidwerk in den
großen Waldungen unweit der Frankenfurt. Hin und wieder soll
es auch vorgekommen sein, daß er seine Krieger hier versammelte,
um sie gegen seine Feinde zu führen. Die gefährlichsten wohnten
im Norden seines Landes. Es waren die heidnischen Sachsen, die
Karl zu Christen machen wollte. Erst nach schweren Kämpfen gelang
es ihm. Ein Teil der besiegten Sachsen ließ er nun auf dem linken
Ufer des Mains, Frankfurt gegenüber, wohnen. Daraus ist Sachsen-
hausen entstanden.
So wuchs der Ort, wo der große Kaiser seinen Palast hatte,
mehr und mehr. Mit Recht nennt man darum Karl den Großen
den zweiten oder eigentlichen Gründer Frankfurts.
4. Manche Leute sagten zwar, er sei der erste Gründer nnsrer
Stadt. Hört, wie die Sage von der Entstehung Frankfurts lautet!
Einmal wurde Karl, der christliche Frankenkönig, in einer
blutigen Schlacht von den heidnischen Sachsen geschlagen. Mit dem
Reste seines Heeres mußte er fliehen. Die Sachsen verfolgten ihn.
Die wilde Flucht ging durch Nacht und Nebel südwärts. Plötzlich
kam das flüchtige Frankenheer vor einen breiten Fluß. Nirgends eine
Brücke oder eine Fähre, auf der sich die Flüchtlinge hätten retten
können! Auch machte der dichte Nebel es unmöglich, eine Durch-
gangsstelle zu finden. Die Not war groß. Das Frankenheer schien
verloren. Nur ein Wunder konnte es retten. Karl der Große,
der die Gefahr erkannte, siel in seiner Herzensangst auf die Knie
und bat Gott um Rettung. Und siehe, plötzlich brachs wie Heller
Sonnenschein durch den dichten Nebel! Er teilte sich und zerfloß.
63
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Karl_der_Große Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl_der_Große Karl Heller
C. Geschichtliche Entwicklung, Verfassung und Verwaltung. 4z
C. Geschichtliche Entwicklung. Verfassung und Verwaltung.
Den glaubwürdigsten Zeugnissen zufolge war das südwestliche Deutschland
in den ältesten Zeiten größtenteils im Besitz keltischer Völker. Nach der
Unterwerfung Galliens durch die Römer bildeten die heutigen Gebiete
Elsaß-Lothringens Teile des großen Römischen Reiches und entwickelten
sich zu einer hohen Kultur. Nach mehrhundertjährigem Bestehen erlag die
römische Herrschaft den wiederholten Angriffen germanischer Völkerschaften,
doch erst nach hartnäckigen Kämpfen (Alemannenschlacht 357) gelang es ihnen,
auf dem Boden des Reiches festen Fuß zu fassen. Von Nordwesten her drangen
die Franken gegen das lothringische Hochland vor, die Rheinebene und
weite Strecken im Moselgebiet besetzten Alemannen, die sich von ihren rechts-
rheinischen Zitzen aus über den Rhein nach Westen hin ausdehnten. Die ale-
mannischen Scharen, die ihre Heimat verlassen hatten, wurden Alisates genannt,
d. h. Elsässer. Das deutsche Wort Elsaß bedeutet soviel wie „Fremdsitz",
Elsässer sind also Leute, die in der Fremde wohnen.
Der Begründer des Fränkischen Reiches, der Merowinger Chlodwig,
der dem letzten Reste der römischen Herrschaft in Gallien ein Ende machte,
besiegte auch die stammverwandten Alemannen. Seitdem wandten sich die
Franken der Rheinebene zu, deren nördlichen Teil sie in Besitz nahmen.
In bezug auf die Art der Siedlung ist die des fränkischen Stammes die
herrschende geworden- im nördlichen Elsaß ist der viereckige, fränkische Bauern-
Hof mit seinem Wohnhaus und den davon getrennten Gebäuden für Wirt-
schaftszwecke ausschließlich vertreten (Fig. 32, S. 68), und nur im Gebirge wie
in dem südlichen, an die Schweiz grenzenden Teile kommt noch das alemannische,
Wohnung und Stallung zugleich umfassende Haus vor (Fig. 33, S. 68). In
Lothringen hat die Bevölkerung die städtische Bauweise der Franzosen auch
für die ländlichen Ansiedlungen angenommen. Während der Zugehörigkeit
zum Fränkischen Reiche fand das Christentum bei den Alemannen Eingang,
es wurden die Bistümer Metz, Toul, Verdun, Straßburg und Basel ge-
gründet. Bis etwa zur Mitte des 8. Jahrhunderts bildete Elsaß ein Herzog-
tum unter den Etichonen, den Nachkommen des Cticho, des Vaters der
hl. Odilia. Die Habsburger und die Hohenzollern führen ihren Stamm auf
dieses Herzogshaus zurück.
Beim Zerfall des Reiches Karls des Großen kamen Elsaß und Loth-
ringen an das nun sich bildende Ostfränkische (Deutsche) Reich. Lothringen
oder Lotharingien, so benannt nach dem König Lothar Ii., dem Enkel Lud-
wigs des Frommen, des Sohnes Karls des Großen, bildete ein selbständiges
Herzogtum, Elsaß dagegen gehörte zum Herzogtum Schwaben. Wie Loth-
ringen später in zwei Herzogtümer, Ober- und Niederlothringen, zerfiel, so
standen sich im Elsaß der Nordgau und der Sundgau einander gegenüber,
die im großen und ganzen den heutigen Bezirken Unter- und Oberelsaß
entsprechen- der Eckenbach bei Schlettstadt trennte die beiden Gaue, von
denen der Nordgau nördlich bis zum Selzbach reichte. Die Verwaltung
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Extrahierte Personennamen: C. Chlodwig Bistümer_Metz Odilia Karls Lothar_Ii Karls
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Die Deutschen Landschaften.
(über 200 Einw. auf 1 qkm) findet sich, von den Hansestaaten abgesehen (s. S. 82) in
Teilen des Königreichs Sachsen und des Rheingebiets. Welches sind die Ursachen
dieser ungleichmäßigen Verteilung?
d) A b st a m m u n g. Das deutsche Volk ist in bezug aus seine Abstammung
durchaus einheitlichen Charakters, nur ein geringer Teil sind Nichtdeutsche. Die
Hauptstämme sind:
1. die Bayer n in Altbayern (Ober-- und Niederbayern) und der Ober-
Pfalz; 2. die Alemannen und Schwaben am Oberrhein und östlich bis
zun: Lech; 3. diefranken im Maingebiet und am Rhein bis hinab nach Köln;
4. die T h ü r i n g e r zwischen Thüringerwald und Harz; 5. die H esse u im
hessischen Bergland; 6. die Friesen an der Nordseeküste und 7. die Sachsen
zwischen Niederrhein und Elbe.
Überdies sind die Österreicher, die meisten Schweizer, die Luxemburger, die
Holländer und mehr als die Hülste der Belgier von deutscher Abstammung und
gehörten jahrhundertelang zum Deutschen Reich. In: ganzen leben an Deutschen
außerhalb des Deutschen Reiches 35 Millionen, so daß die Zahl der Deut-
scheu auf der ganzen Erde gegen 90 Millionen beträgt.
N i ch t d e u t s ch sind innerhalb des Deutschen Reiches nur gegen 3 Mil-
lionen: S l a v e n (mit Polen) an der Ostgrenze (2,6 Mill.), D ä n e n an der Nord-
grenze (150 000) und Franzosen in Elsaß-Lothringen (200 000).
c) Sprache. Sprachlich scheiden sich die Deutschen in Ober- und
Niederdeutsche. Die Grenze zwischen beiden Sprachgebieten bildet eine
Linie von Krefeld über Kassel und Wittenberg bis Lübben an der Spree. Den
Übergang vom Ober- zum Niederdeutschen bilden die m i t t e l d e u t s ch e n Mund-
arten. Allgemeine Schriftsprache ist das Ober- oder Hochdeutsche.
ä) B e k e n n t n i s. Der Religion nach sind nahezu 2/3 der Einwohner evan-
gelisch und etwas mehr als % katholisch. Der Katholizismus herrscht
namentlich in den von Polen bewohnten östlichen Gegenden, ferner im S. und W.
e) Bildung. Was die Volksbildung betrifft, so steht das Deutsche
Reich unter allen Ländern der Erde mit an erster Stelle. Ihren: Zwecke dienen
vor allen: viele Tausende von Volksschulen; ihnen schließen sich die sog. höheren
Schulen, wie Gymnasien, Oberreal- und Realschulen, Lehrerbildungsanstalten usw.
an. Die höchsten Schulen sind die Universitäten, deren das Deutsche
Reich 21 zählt, und die Technischen Hochschulen, deren es 10 gibt. —
Auch die schönen K ü n st e (Malerei, Bildhauerei, Musik usw.) erfreuen sich
einer sorgsamen Pslege, besonders an den Akademien.
D i e Militärmacht Deutschlands. So günstig Deutschlands
Lage in: Herzen Europas für den Verkehr sich erweist, so ungünstig ist seine Lage
im Kriegsfall. Deutschlands Ost- und Westgrenze sind offen und ringsum um-
schließen und bedrohen es die größten Militärmächte des Erdteiles. Daher muß
Deutschland zum Schutze seiner Güter eine Militärmacht unterhalten, die schlimm-
stensalls selbst zwei Gegnern gewachsen ist.
Das deutsche Reichsheer zählt in voller Kriegsstärke an 5 Mill. Mann.
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